Lärmbelästigung durch landwirtschaftliche Tätigkeiten
Bei vielen Feldarbeiten werden heutzutage schlagkräftige und teure Maschinen eingesetzt. Diese Arbeiten werden meistens überbetrieblich, oft sogar überregional, meistens durch sogenannte Lohnunternehmen ausgeführt. Die hohen Maschinenkosten rechnen sich nur mit einer grossen Auslastung und so sind Nacht- oder Wochenendarbeiten vorprogrammiert. Die Situation verschärft sich noch, wenn witterungsbedingt die Maschinen für mehrere Tage nicht eingesetzt werden können. Dann wird vor der Schlechtwetterperiode noch möglichst viel erledigt und wenn die Böden wieder trocken und befahrbar sind, muss das Versäumte nachgeholt werden.
Zu beachten gilt: Auch die Bauernfamilien lieben ihren Feierabend oder ihr Wochenende und verrichten die Arbeiten nur, wenn es nicht anders möglich ist. Dabei spielt nicht nur das Wetter eine entscheidende Rolle, es gibt auch Situationen in denen die Produkte-Abnehmer mit sehr engen Lieferterminen Druck auf die Bauernfamilien ausüben.
Rechtlich erlaubt
Die Rechtsgrundlage erlaubt es, dass Landwirtschaftsbetriebe an Sonn- und Feiertagen sowie abends und nachts dringende Arbeiten verrichten: «Vom Sonntags- und Nachtfahrverbot sind landwirtschaftliche Fahrzeuge ausgenommen (Art. 91a VRV).» Auch in vielen Polizeireglementen der Aargauer Gemeinden sind Ausnahmen für Arbeiten in der Landwirtschaft vorgesehen.
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In der Schweiz gilt bezüglich Lärm jedoch auch das Vorsorgeprinzip: «Emissionen sind so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist» (Art. 11 USG). «Zu vermeiden sind zudem alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen, z. B. durch Lärm.» (Art. 684III ZGB).
Aufgabe der Gemeinden bei Klagefällen
Falls es auf der Gemeinde zu Klagen kommt, sind die zuständigen Personen aufgefordert, in einer ersten Runde nach einer pragmatischen Lösung des Problems zu suchen. Wenn dieses Vorgehen nicht zum Ziel führt, lädt die Gemeinde am besten alle Beteiligten an einen Tisch. Erfahrungsgemäss gehen nach einem gut moderierten Gespräch die Emotionen weniger hoch, und die am Konflikt beteiligten Parteien entwickeln Verständnis für die andere Seite. Nur mit dem Polizeireglement der Gemeinde kann meistens nicht argumentiert werden, da viele Reglemente eine Ausnahme für landwirtschaftliche Arbeiten vorsehen.
Was kann der Landwirt unternehmen?
Im Grundsatz sollen auf siedlungsnahen Parzellen möglichst keine Nacht- und Wochenendarbeiten vorgenommen werden. Erkennen die Anwohner den guten Willen, werden die Emotionen bei einer Ausnahme weniger hoch gehen. Wenn es die Zeit und die Planung erlauben, soll der Landwirt die Arbeit mit einer einfach gestaltetet Nachricht anzeigen. Ein Zettel in die Briefkästen einwerfen und die Notsituation erklären, stärkt das nachbarschaftliche Verhältnis spürbar. Wenn sich eine Arbeit zur Unzeit nicht vermeiden lässt, sollen zuerst die siedlungsnahen Parzellen bearbeitet werden und zu später Stunde nur noch die weiter entfernten Felder. Ist die Arbeit vollbracht, wirken kleine Geschenke an die Nachbarn wahre Wunder. Nicht die Grösse des Geschenks zählt, sondern die gute Absicht.
Was kann der Nachbar im Siedlungsgebiet beitragen?
Der ideale Nachbar zeigt sich tolerant gegenüber der Landwirtschaft und bringt Verständnis auf. Er versucht bei einem Gespräch ruhig zu bleiben, denn der Landwirt ist durch die Arbeit sowieso im Stress und dementsprechend nervös. Er weiss, dass der Arbeitslärm für die Anwohner nicht gerade angenehm ist, hat aber nicht die Zeit, um sachlich alles zu erklären. Ein Gespräch nach dem Arbeitseinsatz bringt sicher mehr als die direkte Konfrontation.
Fredi Siegrist
Marketing und Kommunikation BVA