Charlotte (l.) und Judith Häseli mit Töchterchen Mia
Charlotte (l.) und Judith Häseli mit Töchterchen Mia
Monatshof November, 2020

Familie Häseli, Gipf-Oberfrick

Exklusivitäten vom Fisch bis zum Schnaps

Zander, Freilandschweine, Natura Beef und Edelbrände: Charlotte Häseli und ihre Tochter Judith haben sich auf ihrem Betrieb in Gipf-Oberfrick der Produktion von hochwertigen Produkten verschrieben.

«Dolleseppler, Basler Langstieler und Rote Lauber». Während Charlotte Häseli ihre Kirschsorten aufzählt, verschwindet sie fast ganz in einem grossen Fass, aus dem sie die letzten Reste der Kirschenmaische schöpft. Die Maische vergärte einige Woche im Fass. Der Fruchtzucker verwandelte sich in Alkohol.

Wegen ihres hohen Zuckergehalts und ihrer Schüttelfähigkeit eignet sich die Sorte Dolleseppler besonders gut für die Schnapsbrennerei. Bei der Ernte und beim Einmaischen setzen Häselis auf schonende Handarbeit. Weil Kirschsteine Blausäure enthalten, dürfen sie nicht beschädigt werden. Charlotte Häseli füllt die Brennblase, um die letzte Charge Kirsch der Saison zu brennen. Ihr «Echter Fricktaler Kirsch» sowie verschiedene andere Häselibrände sind preisgekrönt.

In der Brennblase landen nur einwandfreie Früchte

Während der Kupfertank langsam auf 80 Grad erhitzt wird, betont die Bäuerin: «Guten Schnaps kann man nur aus hochwertigem Obst brennen! Angefaulte oder verschimmelte Früchte haben nichts in der Maische zu suchen!»

Nebst dem Fricktaler Klassiker, der Kirsche, produzieren Häselis in ihrer 1,1 Hektaren grossen Obstanlage mit 160 Bäumen Pflaumen, Zwetschgen, Quitten, Gravensteiner und Williams. Die Edelbrände verkaufen sie auf Märkten, an die Gastronomie und an Bäckereien. Charlotte Häseli: «Mein Schwiegervater klapperte mit seinem Töffli Restaurants und Hotels in der ganzen Deutschschweiz ab, um ihnen unseren Schnaps zu verkaufen.» Doch dieses Segment leidet momentan enorm unter der Corona-Krise. Der persönliche Kontakt, der beim Verkauf nach wie vor zentral wäre, kann kaum mehr stattfinden.

Durch ein kleines Bullauge sieht Charlotte Häseli, wie die Maische in der Brennblase köchelt. Es dauert noch einige Zeit, dann rinnt am anderen Ende der Anlage ein feiner Strahl Kirsch in einen Metalleimer. «Nicht trinkbar!», lacht Charlotte Häseli: «Der hat 85 Volumenprozent!». Darum muss der Schnaps, bevor er in die Flaschen kommt, herabgesetzt werden, wie es in der Fachsprache heisst. Der Hochprozentige wird mit Wasser verdünnt, um die idealen 41 Volumenprozent zu erreichen.

Anspruchsvolle Fischzucht

Noch anspruchsvoller als die Kunst des Schnapsbrennens ist der Betrieb der Zanderzucht gleich nebenan. In ihrer modernen Kreislaufanlage produzieren die Häselis rund 6000 Fische pro Jahr. Obwohl Zander sensible und anfällige Tiere sind, verzichten Häselis auf Antibiotika. Da ist viel Fachwissen gefragt. Tochter Judith Häseli hat eine spezielle Zusatzausbildung für Aquakultur absolviert. Wassertemperatur, Lichtverhältnisse, Futter – für einen guten Zuchterfolg muss alles perfekt stimmen. 

Viel Unterstützung in schwierigen Zeiten

Seit dem tragischen Unfalltod von Martin Häseli 2016 führen Mutter und Tochter den Betrieb. Charlotte Häseli erinnert sich: «Die ersten Monate waren extrem schwierig. Wir wussten nicht, wie wir alles bewältigen können.» Ein benachbarter Bauer erledigt nun alle Maschinenarbeiten. Helferinnen und Helfer unterstützen die Frauen bei der Obsternte. Ein Teilzeitangestellter hilft bei der Fischzucht. 

Judith Häseli arbeitete in der Gastronomie, bevor sie die Zweitausbildung als Landwirtin am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg in Gränichen absolvierte. Vor einigen Wochen wurde sie Mutter. Seither arbeitet eine Kollegin, die sie aus der Schule kennt, halbtags auf dem Hof mit.

Attraktive Betriebszweige

Der Betrieb in Gipf-Oberfrick hat eine Fläche von 22 Hektaren, davon sind sieben verpachtet. Nebst Gras und Weidland bauen Häselis Weizen und Sorghumhirse als Tierfutter an. Mit 14 Mutterkühen produzieren die Frauen Natura Beef, das sie regelmässig direkt ab Hof verkaufen. Auch das Fleisch der Freilandschweine wird direkt ab Hof verkauft. Die zehn Tiere leben jeweils von Mai bis September auf der Wiese, suhlen sich im Schlamm und graben nach Wurzeln.

Als der letzte Kirsch dieses Jahres aus der Destillerie rinnt, steht die Sonne bereits tief. Charlotte Häseli fährt aus dem Dorf hinaus in die sanften Jurahügel. Hier, direkt am Fricktaler Chriesiweg, stehen ihre Obstbäume. Die Quitten leuchten in den letzten Sonnenstrahlen des Tages. «Pass auf dich auf!», mahnt eine Helferin, als sich Charlotte Häseli weit hinaufstreckt zu den obersten Früchten.

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