«So gefällt es mir. Alle Ferkel liegen entspannt nebeneinander im Stroh und dösen», sagt Schweinezüchter Thomas Stocker zufrieden, als er den Deckel des Ferkelnests wieder schliesst. Das Ferkelnest ist eine grosse Kiste, in der sich die jungen Schweine zusammenkuscheln. In den Tagen nach der Geburt ist die Box auf 38 Grad geheizt, damit die Ferkel nicht frieren. Mit zunehmendem Alter der Ferkel sinkt die Temperatur dann bis auf rund 25 Grad.
Thomas Stocker, der in Obermumpf eine Schweinezucht betreibt, hat die Ferkelnester in seinem Stall vor einigen Monaten ersetzt. Die neuen Ferkelnester haben dicke, optimal isolierte Wände und einen schweren Deckel. Ein- und Ausgang der Kiste sind mit einem speziellen Streifenvorhang versehen, damit die Wärme nicht entweichen kann. Ein elektronischer Fühler sorgt dafür, dass die Temperatur in der Kiste stets dem Bedürfnis der Ferkel angepasst ist.
Grossangelegtes Projekt
Die Umstellung auf die modernen Ferkelnester wird von AgroCleanTech mit einem grossangelegten Projekt gefördert. AgroCleanTech ist das Kompetenzzentrum des Schweizer Bauernverbands für Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Klimaschutz in der Landwirtschaft. Im Aargau beteiligen sich 15 Betriebe am Projekt. Gesamtschweizerisch sind es 250 Betriebe. Ein enormes Sparpotential, wenn man bedenkt, dass rund eine Viertel des Stromverbrauchs in der Landwirtschaft bei der Schweinehaltung anfällt.
Schweinezüchter Thomas Stocker geht sogar noch einen Schritt weiter. Er heizt seine neuen Ferkelboxen nicht mehr mit elektrischen Wärmeplatten oder Heizlampen, sondern mit Heizkörpern, wie man sie in Wohnräumen einsetzt. Das Heisswasser produziert er mit seiner Schnitzelheizung, die er mit Holz aus dem eigenen Wald betreibt.
Tierwohl an erster Stelle
«Die Kostenoptimierung ist ein wichtiger Aspekt. Genauso wichtig ist mir aber, optimale Bedingungen für meine Tiere zu schaffen. Denn das Tierwohl kommt an erster Stelle.»
Bisher flatterte bei Thomas Stocker jedes Jahr eine Stromrechnung über rund 15'000 Franken ins Haus. Noch weiss er nicht, wieviel Geld er mit den energieeffizienten Ferkelnestern sparen wird. Thomas Stocker: «Die Kostenoptimierung ist ein wichtiger Aspekt. Genauso wichtig ist mir aber, optimale Bedingungen für meine Tiere zu schaffen. Denn das Tierwohl kommt an erster Stelle.»
Ferkel kommen nach drei Monaten, drei Wochen und drei Tagen zur Welt. Eine Muttersau bringt pro Wurf im Durchschnitt 13 Ferkel zur Welt. Nach der Geburt bleiben die Ferkel bei der Muttersau. In den ersten Tagen verlassen sie ihr geheiztes Ferkelnest fast nur, um bei der Mutter zu trinken. Mit speziellen Anreizen gewöhnt Thomas Stocker die Ferkel nach und nach an das Futter. Nach fünf Wochen kommen die Jungtiere in den sogenannten Jagerstall. Jager sind junge Schweine bis zu einem Gewicht von 25 Kilogramm. Thomas Stocker verkauft seine Jager an einen Tierhändler.
Vielfältiger Ackerbau
Neben der Schweinezucht betreibt Thomas Stocker Ackerbau. Er baut Zuckerrüben, Raps, Weizen, Roggen und Gerste an. Gerne würde Stocker auch Körnermais als Futter für seine Tiere anbauen. In der Gegend um seinen Hof, hat es aber zu viele Wildschweine. Der Aufwand, um den Mais vor den gefrässigen Tieren zu schützen, wäre schlicht zu gross. Darum kauft Stocker den Futtermais bei befreundeten Bauern ein. Dieses lagert er feucht in seine Silos ein.
Den feuchten Mais mischt er mit einer Eiweissmischung, die er von der Futtermühle bezieht, der er sein Getreide liefert. Wichtiger Bestandteil der Mischung ist Donau-Soja, das besonders eiweissreich ist. Thomas Stocker: «Für den Soja-Anbau ist es bei uns einfach zu kalt. Und Alternativen haben sich bis jetzt nicht wirklich durchgesetzt.»
Geheizt wird aus dem eigenen Wald
Thomas Stocker hat den Brunnacherhof 2009 von seinem Vater übernommen. Mit seiner Frau Martina und den vier Kindern Robin, Jelena, Jana und Joela schätzt Thomas Stocker die ruhige Lage des Hofs im Fischingertal.
Von den insgesamt 38 Hektaren landwirtschaftlicher Fläche, sind elf Hektaren mit einem Labiola-Bewirtschaftungsvertrag als Biodiversitätsförderfläche ausgeschieden. Das Wohnhaus, die Schweineställe und die modernen Ferkelnester beheizt Thomas Stocker mit einer Schnitzelheizung, die er mit Holz aus dem eigenen Wald betreibt.
Negative Folgen des Einkauftourismus
Zwei Kilometer hinter dem Hof verläuft die deutsche Grenze. Thomas Stocker: «Der Absatzmarkt für Schweine ist momentan schlecht. Denn der Konsum von Schweizer Schweinefleisch ist zurückgegangen. Kaum ging die Grenze zu Deutschland nach dem Lockdown auf, setzte der Einkaufstourismus wieder ein.»
Verfehlte Initiative
Der stockende Absatzmarkt ist nicht die einzige Sorge von Thomas Stocker. Voraussichtlich nächstes Jahr kommt die Massentierhaltungsinitiative an die Urne. Sein Betrieb mit 120 Muttersauen wäre von der Initiative betroffen. Die Forderungen der Initiative gehen noch einmal weiter als die strengen Tierwohlvorschriften von IP Suisse, nach denen Stocker momentan produziert. Der Landwirt sagt: «Gemäss den Initianten betreibe ich Massentierhaltung. Dann laufe ich durch meine Ställe, vorbei an den vielen individuellen Buchten mit kleinen Gruppen von Tieren. Da prallen offensichtlich völlig unterschiedliche Wahrnehmungen aufeinander!»
«Mit seinem Kaufverhalten kann man viel mehr bewegen als mit politischen Massnahmen.»
Was Thomas Stocker besonders irritiert: «Wenn ich die Autokolonne sehe, die bei uns über die Grenze nach Deutschland rollt, um sich mit billigem Fleisch einzudecken, wirkt die Initiative absurd. Die Konsumentinnen und Konsumenten müssen sich ihrer Verantwortung dem Tierwohl gegenüber mehr bewusst werden. Mit seinem Kaufverhalten kann man viel mehr bewegen als mit politischen Massnahmen.»
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